Sonntag, 10. November 2013

Wie aus mir fast ein Superhirn wurde

Ab und zu ist es ganz praktisch, sich was zu merken.

Saß mal in einem Bewerbungsgespräch. Großer Konzern, erste Runde. Lief richtig gut! Überzeugte durch strahlendes Auftreten, überwältigenden Charme und treffsichere Kompetenz. Karriere bis zum Vorstand war gewiss. Fand nur die Fragen der netten Dame manchmal seltsam distanzlos. Offensichtlich zogen die vorab über aussichtsreiche Kandidaten sehr private Erkundigungen ein. Nicht in Ordnung. Was geht die mein Segelurlaub an? Außerdem lachte sie dauernd in sich hinein.
Konnte aber vermutlich nur ihre Begeisterung nicht zügeln.

Berichtete anschließend Elmar von fulminanter Darstellung.
"Ja, weiß ich schon."
"Was?! Woher? War doch erst vor zehn Minuten!" - Mann, war ich gut, wenn sich das so schnell rumspricht!
"Deine Gesprächspartnerin war Susanne, Freundin von Getrude. Wir waren vor Kurzem gemeinsam weg. Du hast einen ganzen Abend neben ihr gesessen ..."
Grmpf.

Habe offensichtlich ein Aufmerksamkeitdefizitproblem.
Passiert aber bestimmt jedem mal! Gedanken schweifen manchmal ab. Machen sich selbstständig. Da kann ich bitteschön nix dafür.
Beim Abendessen. Nettes Pärchen. Er erzählt mäßig spannend über Fotoapparate. Sehr ausführlich. Ist nicht mein Thema. Hab ja ein Handy zum Fotografieren. Mehr muss ich da nicht wissen.
Nicke freundlich lächelnd. Gedanken spazieren, wohin sie wollen. Bin machtlos.
Wippe aber zustimmend mit dem Kopf. Sehe aus wie aufmerksame interessierte Zuhörerin.
Bekomme heftigen Tritt von Elmar.
Aua. Wieso? Was?
Hm.
Gegenüber hat Gesprächsthema gewechselt. Ist mitten in tragischer Geschichte über langen Leidensweg.
Sehe aus wie schwachsinnige unsensible dämliche Idiotin.
Stelle Grinsen auf der Stelle ein.

Also gut, liegt an mir. Muss an mir arbeiten.
Merke mir manchmal Gesichter nicht. Oder Namen. Oder beides.

Treffe nette Dame auf der Straße.
Verwickelt mich in anregendes Gespräch.
Wer ist das? Wer? Wer? Hab ich bestimmt noch nie gesehen.
Interessant, worüber man angeregt reden kann, obwohl man jemanden nicht kennt. 
Sie geht mit mir ins Haus.Problem gelöst. Wohnt hier. Gut, aber da wohnen wirklichsehr viele Leute. Kann ja nicht jeden kennen.
Frage höflich im Lift: "Welcher Stock?"
Okay ....  im selben wie wir.
Ist offensichtlich eine Nachbarin. Zog aber bald wieder aus ...

Wieso merk ich mir das nicht?
Elmar kann das. Erzählt mir immer sofort gesamte Lebensgeschichte von Menschen.

Hat aber andere Schwäche! Haaaa!

Wir sind in Madeira unterwegs mit Mietauto. Halten bei Bankomaten.
Und er weiß die Nummer nicht mehr! Ich sowieso nicht. Doofe Zahlen.
Kein Geld, mitten in der Einöde.Katastrophe! Was nun?
Er bleibt ruhig. Ich werde hysterisch.
Können nicht tanken, kommen nicht mehr zurück. Schlimmer: Können nicht in dem netten kleinen Lokal essen gehen!
Müssen für immer auf Madeira bleiben! Ernähren uns von selbst gefangenen Fischen, leben in einer kleinen selbst zusammengezimmerten Hütte. Bauen ein kleines Segelboot. Fahren jeden Tag in der Früh hinaus. Sitzen abends am Strand ... Hm. Gar nicht schlecht eigentlich. Akzeptiere neuen Lebensentwurf.
Wird aber nix. Beim dritten Mal eintippen erwischt er doch richtige Kombination.

Bin sehr froh über das neue Buch von Boris Nikolai Konrad: Superhirn

Kam zur rechten Zeit. Sehr spannend! Und geniale Lösungen für alle Probleme.
Schlaue Tricks, wie man sich Gesichter und Namen merken kann.
(Bitte nicht wundern, wenn ich Sie seltsam anstarre. Gehört zu neuem Training.)

Bankomatkarten-Nummern merken, kein Problem mehr.
Geniales System, bei dem man Zahlen mit Bildern belegt und kleine Geschichten macht.


Elmar ist begeistert. Zählt täglich neue Dinge auf, die er nicht mehr vergessen kann. Termine, Einkaufslisten, To-Do-Übersichten, Planetensyteme  ... Was man so braucht eben. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.


Zahlenkombinationen kann ich nicht mehr vergessen.
Habe mir kleine Geschichte überlegt, wo eine Entenfamilie ein paar Kekse findet, und dann ... Gut, das geht Sie jetzt nix an. Erfinden Sie bitte Ihre eigene Geschichte.
Jedenfalls sind Zahlen der Bankomatkarte unauslöschlich eingebrannt.
Steht triumphierend vor dem Bankomaten. Habe ihn für immer besiegt. Werde nie mehr panisch herumtippen.

Hm.
Jetzt wärs nur noch nützlich, wenn ich die Karte selbst nicht vergessen hätte.













Sonntag, 3. November 2013

Lebensspielregeln á la carte

Das Leben ist ...
Gut, da fällt mir jetzt auch nichts ein, was nicht ein Schlauerer schon gesagt hat. Oder einer auf Drogen.

Es gibt aber unumstößliche Lebensspielregeln:
  • Man steckt seinen Kopf nicht ins Maul eines Krokodils und man spielt nicht mit einem Bären. Auch nicht, wenn er süß aussieht. (Ja, ja, der will nur spielen ...)
  • Man schreibt nicht auf Facebook, was der Chef für ein Riesenidiot ist, wenn er zum virutellen Freundeskreis zählt. (Blöder Fehler. Echt.)
  • Man sagt nicht zum Ehemannn: Schatz, trag noch schnell Müll runter, wenn der spät abends vom Businesstermin heimkommt. (Ich wollt doch auch nur spielen.)

Das Problem ist: Jeder hat andere Regeln. Googeln Sie nach Bären und Menschen, sag ich nur ...

Stoße deshalb täglich auf Menschen, die meine persönlichen Krokodile nicht kennen.
Man darf die aber nicht ans Schienbein treten. (Gut, das ist jetzt eher so eine Regel meiner Eltern.)

Neue Regel: Arbeite mit Tricks!
Die Aha-Regel und Testpersonen-Regel funktionieren! Hab ich selbst getestet.
(Lesen Sie selbst nach: "Mit Leichtigkeit" von Natalia Ölsböck und "Glücklich leben" von Manfred Rauchensteiner.)

Bin sehr begeistert, Regeln haben mein Leben verändert.
Schonen zarte Verlegerinnen-Nerven und verleihen sphärischen Glanz brillanter Überlegenheit. Nein, es geht nicht um Drogen. Aber ausgeglichenes Lächeln inklusive. Wirkt etwas dümmlich vielleicht. Nehm ich aber in Kauf, weil es unbeliebte Kreischattacken und Magenschmerzen umgeht.

Neuer Ansatz funktioniert in allen Lebenslagen:

"Sie werden schon noch sehen! Und dann tut es Ihnen leid, dass Sie mein Buch nicht verlegt haben. Auf Knien werden Sie betteln, wenn ich mir scheibtruhenweise mein Geld abholen komme!" - Identifiziere milde lächelnd klare Testperson. (Und nein, das ist nicht erfunden ... Hielt früher in solchen Fällen die Sache mit dem Bärenkäfig für gute Option.)

Andere Situation, in der neue Regeln gut funktionieren:
Halte stundenlangen Vortrag darüber, wie wichtig gutes Exposé für Verlag ist. Ausgearbeitete Unterlagen per E-Mail, wo alles Relevante klar ersichtlich drinsteht. Verlag braucht Zeit zur Entscheidungsfindung. Zunge fusselig. Ha - war überzeugender Vortrag. Message bei allen angekommen. Bin erstklassige Vortragende. Große Karriere als Speakerin in Aussicht ...
Zuhörer fuchtelt anschließend mit Smartphone vor meiner Nase herum.
"Das sieht man jetzt da nicht gut. Aber das ist meine Buchidee. Was meinen Sie?"
AHA!

Bin in höchster Balance, unerschütterlich, ruhender Pol. Könnte jederzeit in Bärenkäfig klettern und süßer Bär würde sich ganz friedlich zwischen den Ohren streicheln lassen. Krokodile würden mir Essen bringen.

Nur manchmal ... also manchmal ... halte ich den Tritt ans Schienbein immer noch für bessere Option.